Die meisten Menschen, die in meine Praxis kommen, wollen ein oder mehrere belastende(s) Gefühl(e) loswerden.
„Ich will dieses permanente Angstgefühl nicht mehr!“
„Meine Aggressionen gefallen mir nicht, die will ich nicht haben!“
„Dieses Ohnmachtsgefühl und die Sprachlosigkeit in manchen Situationen ärgern mich total!“
So oder ähnlich lauten Sätze, die ich häufig höre. Und es ist ja auch nur verständlich – keiner von uns möchte sich gerne ängstlich, aggressiv oder ohnmächtig fühlen.
Betrachten wir negative Gefühle allerdings als unsere Feinde, haben wir schlechte Karten – immerhin sind es unsere eigenen Schöpfungen. Wir bzw. unser Geist hat all diese Gefühle aus irgendeinem Grund selbst geschaffen und dieser Grund ist triftig.
Deshalb betrachte ich diese Gefühle, die sich nicht gut anfühlen und zweifellos sehr belastend sein können, immer zugleich auch als Kompetenz. Denn sie stehen für irgendetwas, schützen uns oder weisen uns auf etwas hin.
Wenn wir nun diese unsere Schöpfungen als unseren Feind betrachten, den es zu eliminieren gilt, befinden wir uns im permanenten Kampf letztendlich gegen uns selbst und das kann sehr zermürbend sein. Stellen wir uns aber einmal vor, dass wir eine Verteidigung aufbauen wie ein asiatischer Kampfsportler, indem wir uns die Kraft des Angreifers zunutze machen und sie umlenken, so bekommt das Ganze schon ein ganz anderes Gesicht.
Wofür steht die Angst und wie kann ich dieses Gefühl nutzbar machen? Meist verdeckt sie ein ganz anderes Gefühl wie z.B. Trauer, Scham oder Schuld, dem wir mit ihrer Hilfe auf die Spur kommen können.
Was sagt mir meine scheinbar ungerechtfertigte Aggression? Wofür könnte ich sie im positiven Sinne einsetzen? Wogegen wehre ich mich?
Und womöglich gelingt es auch, das gelegentliche Gefühl der Ohnmacht umzuwandeln in eine kompetente Macht? Manchmal ist Sprachlosigkeit nur ein anderes Wort für Souveränität.
Es ist eine unglaublich spannende Sache, den eigenen Gefühlen auf diese Weise zu begegnen und ganz neue Seiten an sich zu entdecken. Kraftvolle, starke Seiten, die viel zu lange hinter den vermeintlichen Störungen geschlummert haben und so viel mehr geben können als sie uns lange Zeit genommen haben.
Ich gehe diesen Weg immer wieder gerne aufs Neue mit meinen Klientinnen und Klienten.
Dr. Dominique Schwarz, Heidelberg