Wie ein Paar miteinander umgeht, welche Chancen, aber auch welche Schwierigkeiten es hat, hat immer auch damit zu tun, welche Beziehungsmuster die beiden Partner in ihren Herkunftsfamilien kennengelernt haben. Was wir in unserer Kindheit erlebt haben, prägt unser Verhalten als erwachsene Liebespartner. Waren unsere Eltern ein eher harmonisches Paar, gab es offen gezeigte Liebesbeweise und Zärtlichkeiten oder aber häufig Streit, Verletzungen, Betrug oder Trennung?
Als Kind erlebt man die Beziehungsdynamik der eigenen Eltern ungefiltert mit und sie ist die Vorlage, die wir mit in unser Leben nehmen. Nicht selten passiert es dann später, dass wir uns einen Partner suchen, in dem wir ähnliche Muster finden wie wir sie schon kennen. Das ist nicht immer auf den ersten Blick erkennbar, manchmal verstecken sich die Ähnlichkeiten auch recht gut oder kommen sogar als völlige Gegensätze getarnt daher.
Gab es nun in der eigenen Familie dysfunktionale Muster wie Machtausübung, Unterdrückung, Selbstaufgabe oder körperliche Gewalt, tragen wir verletzte Anteile in uns, die in Heilung gebracht werden wollen. Und weil unsere Psyche so ein wunderbar komplexes und zugleich vielfältig in sich logisches System ist, kann es passieren, dass wir uns genau den Partner suchen, der ein ganz ähnlich (oder paradoxerweise auch gegenteilig) geartetes Problem mit sich herumträgt. Weil wir uns bei ihm verstanden fühlen. Oder weil wir das Gefühl haben, dass er unser Fels in der Brandung sein könnte. Oder weil wir glauben, mit ihm alles anders machen zu können.
Manchmal geht das auch eine ganze Weile gut, doch viele Paare kommen irgendwann an einen Punkt, an dem sie feststellen, dass sie ein Problem miteinander haben. Weil es die Beziehung überfordert, als Heilung zweier verletzter Krieger zu fungieren. Oder weil ein Kind kommt, das alte Wunden aufreißt und die eigenen Eltern real (oder nur in der Erinnerung) wieder auf den Plan ruft. Weil irgendein Lebensereignis oder einfach nur die Zeit dazu führt, dass die eingespielte Balance nicht mehr zu halten ist und beide feststellen müssen, dass sie gemeinsam nur noch allein sind.
Hape Kerkeling alias Evje van Dampen kommt mir hier in den Sinn: „Liebe ist Arbeit, Arbeit, Arbeit!“
Ja, so leicht und groß das Wort Liebe klingt und so sehr wir uns alle nach ewiger Liebe sehnen, so schwierig ist es mitunter, diese in einer langjährigen Beziehung am Leben zu halten. Und manchmal ist es dann eben ein wenig Arbeit. Doch sehr häufig lohnt es sich auch, diese zu investieren, um der eigenen Vorstellung von der Liebe wieder ein Stückchen näher zu kommen.
Dr. Dominique Schwarz, Heidelberg